Bewertung:

Das Buch „What Should We Do with Our Brain?“ von Catherine Malabou ist eine tiefgründige und fesselnde Erkundung der Neurowissenschaften durch die Brille der Philosophie, die sich insbesondere auf das Konzept der Plastizität konzentriert. Malabou kritisiert reduktionistische Ansichten in der Neurowissenschaft und integriert ästhetische, ethische und politische Dimensionen der Gehirnplastizität, um eine nuancierte Perspektive auf die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns zu bieten. Trotz seiner Stärken empfinden manche Leser ihre Argumente als widersprüchlich oder reduktionistisch, und der Text ist mitunter schwer zu verstehen.
Vorteile:⬤ Intensive Auseinandersetzung mit Neurowissenschaft und Philosophie.
⬤ Bietet eine einzigartige Perspektive auf die Plastizität des Gehirns und betont dabei die Widerstandsfähigkeit und Kreativität.
⬤ Kritisiert reduktionistische Interpretationen der Neurowissenschaften.
⬤ Wirft wichtige Fragen über die Interaktion von Biologie und Gesellschaft auf.
⬤ Zugänglich und doch intellektuell provokativ; fördert den Dialog über aktuelle Themen.
⬤ Manche Leser finden ihre Argumente gegen den Reduktionismus widersprüchlich oder nicht klar genug.
⬤ Komplexe Ideen können für manche schwer zu verstehen sein.
⬤ Bestimmte Aussagen über Neuronen werden als vage oder unklar kritisiert.
⬤ Der Text könnte angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Neurowissenschaft veraltet erscheinen.
⬤ Einige Leser sehen in ihren Erklärungen Elemente des Reduktionismus.
(basierend auf 5 Leserbewertungen)
What Should We Do with Our Brain?
In den neueren Neurowissenschaften, die das alte Modell des Gehirns als eine einzige zentrale Kontrollinstanz ablösen, wird die "Plastizität" betont, die Qualität, durch die sich unser Gehirn im Laufe unseres Lebens entwickelt und verändert. Unsere Gehirne sind historische Produkte, die sich in Interaktion mit sich selbst und ihrer Umgebung entwickeln.
Daher besteht ein schmaler Grat zwischen der Organisation des Nervensystems und der politischen und sozialen Organisation, die die menschliche Erfahrung sowohl bedingt als auch von ihr abhängt. Wenn man sich die zeitgenössische Neurowissenschaft genau anschaut, fällt auf, dass die neue Art, über das Gehirn zu sprechen, den Management-Diskurs der neoliberalen kapitalistischen Welt, in der wir heute leben, widerspiegelt, mit seiner Rede von Dezentralisierung, Netzwerken und Flexibilität. Bewusst oder unbewusst kann die Wissenschaft nicht anders, als die Welt, in der sie stattfindet, widerzuspiegeln.
In der neoliberalen Welt kann "Plastizität" mit "Flexibilität" gleichgesetzt werden - ein Begriff, der zu einem Schlagwort in der Wirtschafts- und Managementtheorie geworden ist. Das plastische Gehirn wäre somit nur eine weitere Form der Macht, die zwar weniger zentralisiert ist, aber immer noch ein Mittel der Kontrolle darstellt.
In diesem Buch entwickelt Catherine Malabou eine zweite, radikalere Bedeutung der Plastizität. Die Plastizität ermöglicht es unserem Gehirn nicht nur, sich an die bestehenden Gegebenheiten anzupassen, sondern sie eröffnet auch einen Spielraum, um einzugreifen und eben diese Gegebenheiten zu verändern. Ein solches Verständnis eröffnet einen neuen, transformativen Aspekt der Neurowissenschaften.
Indem er auf dieser Nähe zwischen den Neurowissenschaften und den Sozialwissenschaften besteht, wendet Malabou den bekannten Satz von Marx über die Geschichte auf das Gehirn an: Die Menschen machen ihr eigenes Gehirn, aber sie wissen es nicht. Dieses Buch ist eine Aufforderung zu solchem Wissen.