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December
In der historischen Tradition der Kalendergeschichten und -illustrationen haben der Autor und Filmregisseur Alexander Kluge und der berühmte bildende Künstler Gerhard Richter den Dezember zusammengestellt, eine Sammlung von neununddreißig Geschichten und neununddreißig verschneiten Fotografien für den dunkelsten Monat des Jahres.
In Geschichten aus der Zeitgeschichte und der Gegenwart, aus der Mythologie und sogar aus der Meteorologie spielt Kluge ebenso bereitwillig mit Zeit und Raum wie mit seinen Figuren. In der Erzählung vom Dezember 1931 entgeht Adolf Hitler nur um Zentimeter einem Autounfall. In einer anderen erleben wir die griechische Finanzkrise noch einmal. Es gibt Geschichten, in denen sich die Zeit beschleunigt, und andere, in denen sie sich zu verlangsamen scheint wie fallender Schnee. In Kluges Werk scheint die Macht nur zu erodieren und zu zerfallen, niemals zu wachsen, und die Umstände scheinen sich stets der menschlichen Kontrolle zu entziehen. Wenn ein deutscher Befehlshaber im Dezember 1941 vor Moskau bemerkt: „Wir brauchen keine Waffen, um die Russen zu bekämpfen, sondern eine Waffe, um das Wetter zu bekämpfen“, wird die Vergeblichkeit seines Kampfes schmerzlich gegenwärtig. Zusammen mit den gespenstischen und winterlichen Waldszenen, die in Gerhard Richters Fotografien festgehalten sind, haben diese Geschichten eine beängstigende Dichte, die in unerwarteten Momenten offenen Blicken und erzählerischer Klarheit weicht. Die Lektionen auf diesen Seiten sind vielleicht nicht so tröstlich wie in den alten Kalendergeschichten, aber die subversiven Moralvorstellungen sind immer lehrreich und perfekt ausgeführt.
Lob für Alexander Kluge „Nicht wenige von Kluges vielen Büchern sind wesentliche, brillante Leistungen. Keines ist ohne großes Interesse."--Susan Sontag ‚Alexander Kluge, der aufgeklärteste aller Schriftsteller‘--W. G. Sebald.