Bewertung:

Das Buch ist eine Zusammenstellung von drei Essays von Jean Baudrillard, die sich mit komplexen philosophischen Themen wie Hyperrealität, Klonen und dem Niedergang des Realen in der postmodernen Gesellschaft befassen. Es wird für seine Tiefe und Klarheit gelobt, die Baudrillards Ideen zugänglicher machen als in seinen früheren Werken, und gleichzeitig einen kritischen Kommentar zu zeitgenössischen Themen bieten.
Vorteile:⬤ Außergewöhnliche Tiefe und sehr zitierfähige Einsichten.
⬤ Beschäftigt sich mit einem breiten Spektrum philosophischer Themen und Figuren.
⬤ Bessere Klarheit und Verdaulichkeit im Vergleich zu Baudrillards früheren Werken.
⬤ Bietet einen anregenden kulturellen Kommentar, der sowohl für Neueinsteiger als auch für Kenner seiner Ideen geeignet ist.
⬤ Unterhaltsame und anregende Konzepte für Diskussionen.
⬤ Baudrillards Stil kann schräg und anspruchsvoll sein und erfordert eine sorgfältige Lektüre.
⬤ Einige Leser könnten den düsteren Ausblick auf die Zukunft und die Hyperrealität unsympathisch finden.
⬤ Das Buch bewegt sich weiterhin auf bekanntem Terrain, ohne für erfahrene Baudrillard-Anhänger wesentliche neue Konzepte einzuführen.
(basierend auf 4 Leserbewertungen)
The Vital Illusion
Haben wir nicht eigentlich genug von Sex, von Differenz, von Emanzipation, von Kultur? Mit diesem provokanten Spott fordert uns der unbeugsame Soziologe Jean Baudrillard auf, uns unserem tödlichen, technologisch gestützten Verzicht auf Sterblichkeit und Subjektivität zu stellen, während er sich mit den komplexen Fragen auseinandersetzt, die unsere postmillenniale Welt bestimmen. Was bedeutet das Aufkommen und die Verbreitung des Klonens für unser Selbstverständnis als menschliche Wesen? Was sagt die Jahrtausendwende über unser Verhältnis zu Zeit und Geschichte aus? Was macht die augenblickliche, virtuelle Welt des Cyberspace mit der Realität? In Die vitale Illusion führt Baudrillard - wie immer - seine Leser zu einigen überraschenden Schlussfolgerungen.
Baudrillard geht der Frage nach, wie das Klonen von Menschen - ebenso wie das "Klonen" von Ideen und sozialen Identitäten - das Ende von Sex und Tod und die Entzweiung des Lebens ankündigt, indem ein Reich des Gleichen jenseits der Kämpfe der Individuation geschaffen wird. In einer Zeit, in der alles geklont, simuliert, programmiert und genetisch und neurologisch gesteuert werden kann, zeigt sich die Menschheit unfähig, ihrer eigenen Vielfalt zu trotzen, und zieht es stattdessen vor, in die pathologische Ewigkeit sich selbst reproduzierender Zellen zurückzufallen. Indem wir zu unseren viralen Ursprüngen als geschlechtslose unsterbliche Wesen zurückkehren, erfüllen wir ironischerweise einen Todeswunsch und setzen unserer eigenen Spezies, wie wir sie kennen, ein Ende.
Als nächstes erforscht Baudrillard das "Nicht-Ereignis", das die Jahrtausendwende war und ist. Provokativ stellt er die These auf, daß die Ankunft des Jahres 2000 nie stattfinden konnte, weil wir weder unsere Geschichte auflösen noch hinter uns lassen konnten, noch aufhören konnten, auf unsere Zukunft hinunterzuzählen. Für Baudrillard ist die tausendjährige Uhr, die auf die Millionstelsekunde genau auf dem Weg zur Null ist, das perfekte Symbol unserer Zeit: Die Geschichte zerfällt, anstatt voranzuschreiten. Abschließend befasst sich Baudrillard mit dem, was er "die Ermordung des Realen" durch das Virtuelle nennt. In einer Welt der Kopien und Klone, in der alles in einem Augenblick durch die Technologie präsent gemacht werden kann, können wir nicht einmal mehr von Realität sprechen. Jenseits von Nietzsches symbolischem Gottesmord ist unsere virtuelle, bezugslose Welt dabei, die Realität zu vernichten und keine Spuren zu hinterlassen: "Die Leiche(n) des Realen - wenn es eine gibt - ist nicht wiedergefunden worden, ist nirgends zu finden.".
Gespickt mit Baudrillards charakteristischen kontraintuitiven Schachzügen, prophetischen Visionen und schwarzem Humor, entlarvt Die vitale Illusion die Widersprüche, die unsere heutige Kultur leiten und unser Leben bestimmen.