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Introduction to Kant's Anthropology
Foucaults bisher unveröffentlichte Dissertation über Kant bietet die endgültige Stellungnahme zu seinem Verhältnis zu Kant und zur kritischen Tradition der Philosophie.
Diese Einleitung und dieser Kommentar zu Kants am wenigsten diskutiertem Werk, Anthropologie vom pragmatischen Standpunkt aus, ist die Dissertation, die Michel Foucault 1961 als Doktorarbeit vorgelegt hat. Sie ist bis heute in keiner Sprache veröffentlicht worden.
In seiner Exegese und kritischen Interpretation von Kants Anthropologie wirft Foucault die Frage nach dem Verhältnis zwischen Psychologie und Anthropologie und deren Beeinflussung durch die Zeit auf. Als kantische "Kritik des anthropologischen Schlummers" warnt Foucault vor der Gefahr, die Psychologie als eine neue Metaphysik zu behandeln, erkundet die Möglichkeiten des empirischen Studiums des Menschen und reflektiert über das Wesen der Zeit, der Kunst und der Technik, der Selbstwahrnehmung und der Sprache. In Erweiterung von Kants Vorschlag, dass jede empirische Erkenntnis des Menschen untrennbar mit der Sprache verbunden ist, behauptet Foucault, dass der Mensch insofern ein Weltbürger ist, als er spricht. Sowohl für Kant als auch für Foucault geht es in der Anthropologie nicht um das menschliche Tier oder das Selbstbewusstsein, sondern vielmehr um die Frage nach den Grenzen des menschlichen Wissens und der konkreten Existenz.
Dieser lange Zeit unbekannte Text ist nicht nur ein wertvoller Beitrag zur wissenschaftlichen Würdigung von Kants Werk, sondern auch der erste Entwurf dessen, was später Foucaults eigener Bezugsrahmen innerhalb der Geschichte der Philosophie werden sollte. Es ist somit eine definitive Aussage über Foucaults Verhältnis zu Kant sowie über Foucaults Verhältnis zur kritischen Tradition der Philosophie. Indem er die Debatte über die strukturalistische Anthropologie und den Status der Humanwissenschaften in Bezug auf die Endlichkeit auf den Punkt bringt, schafft Foucault auch so etwas wie einen Prolog zu seinem grundlegenden Werk Die Ordnung der Dinge.
Michel Foucault (1926-84) gilt weithin als eine der wichtigsten akademischen Stimmen des zwanzigsten Jahrhunderts und hat sich in allen Disziplinen als einflussreich erwiesen.