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The Troubadour of Knowledge
Was tun wir, wenn wir ein Kind erziehen, einen Schüler unterrichten oder einen Menschen zu einem Mitglied der Gesellschaft ausbilden? Für den französischen Philosophen Michel Serres erfordern all diese Formen der Pädagogik ein schmerzhaftes und zugleich beglückendes Verlassen der Heimat und Begegnungen mit dem Anderssein. Wie ein Schwimmer, der sich in die Strömung des Flusses stürzt, um das andere Ufer zu erreichen, muss derjenige, der lernen will, eine Reise vom Vertrauten zum Fremden wagen. Wahre Bildung, schreibt Serres, findet in der fließenden Mitte dieser Überfahrt statt. Gebildet zu sein bedeutet, ein Harlekin zu werden, ein Mischling, ein Hybrid unserer Herkunft - wie ein neugeborenes Kind, komplex hervorgebracht als eine Mischung aus mütterlichen und väterlichen Genen, und doch eine unabhängige Existenz, getrennt vom Vertrauten und Bestimmten.
In dieser weitreichenden Meditation über Lernen und Unterschiede untersucht Serres - der Wissenschaftler, der zum Erkenntnistheoretiker, der Philosoph, der zum Moralisten wurde, der in jeder Hinsicht ein Halbblut ist - zahlreiche Wege in der Philosophie, der Wissenschaft und der Literatur, um zu argumentieren, dass die beste zeitgenössische Bildung sowohl die Kenntnis der allgemeinen Wahrheiten der Wissenschaft als auch der einzigartigen Geschichten der Literatur erfordert. Er verkündet eine neue Pädagogik, die behauptet, dass aus der Kreuzung von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften ein neues Bildungsideal entstehen kann: der Troubadour des Wissens.
Mit seiner wendigen und poetischen Stimme hat Serres eine Meditation über eben diese pluralistische Schöpfung geschaffen, die er geschickt als eine dritte Partei erkennt, die nicht aus einer geordneten Dialektik, sondern aus der destabilisierenden Vielfalt des gegenwärtigen Zeitalters hervorgeht. Diejenigen, die die enorme Bandbreite und Klarheit dieses Denkers kennen, werden diesen neuesten Band begrüßen, der von Sheila Glaser mit Unterstützung von William Paulson ins Englische übersetzt wurde.
Michel Serres hat in Clermont-Ferrand, an der Universität Paris VIII Vincennes, an der Sorbonne und an der Stanford University gelehrt und war Gastprofessor an der Johns Hopkins University. Weitere Werke von ihm, die in englischer Übersetzung vorliegen, sind Conversations on Science, Culture, and Time (mit Bruno Latour), Genesis und The Natural Contract, ebenfalls bei The University of Michigan Press erschienen.
Sheila Glaser ist Redakteurin für Rezensionen bei der Zeitschrift Artforum. William Paulson ist Professor für Französisch und Vorsitzender des Fachbereichs Romanistik an der University of Michigan.
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