Bewertung:

Derzeit gibt es keine Leserbewertungen. Die Bewertung basiert auf 4 Stimmen.
Correspondence, 1939 - 1969
Auf den ersten Blick könnten Theodor W. Adornos kritische Gesellschaftstheorie und Gershom Scholems Wissenschaft der jüdischen Mystik nicht weiter voneinander entfernt sein. Zu Beginn hegten sie auch eine gegenseitige Feindschaft. Doch ihre ersten Gespräche im Jahr 1938 in New York waren der Anstoß für eine tiefe intellektuelle Freundschaft, die dreißig Jahre dauerte und mehr als 220 Briefe hervorbrachte. In diesen Briefen werden die unterschiedlichsten Themen aus Philosophie, Religion, Geschichte, Politik, Literatur und Kunst erörtert - ebenso wie das Leben und das Werk von Adorno und Scholems gemeinsamem Freund Walter Benjamin.
Der Briefwechsel, der sich mit der dramatischen Spannung eines historischen Romans entfaltet, erzählt die Geschichte dieser beiden Intellektuellen, die mit Tragödien, Zerstörung und Verlust konfrontiert waren, aber auch an den Bemühungen um die Wiederherstellung einer gerechten und würdigen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg teilnahmen. Scholem wanderte vor dem Krieg nach Palästina aus und entwickelte seine bahnbrechenden Forschungen zur jüdischen Mystik vor und während der problematischen Gründung eines jüdischen Staates. Adorno floh aus Deutschland nach England und dann nach Amerika und kehrte 1949 nach Deutschland zurück, um sich an den Bemühungen um den Wiederaufbau und die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft zu beteiligen. Trotz der Unterschiede in den Lebenswegen und Weltanschauungen von Adorno und Scholem zeugen ihre Briefe von der gemeinsamen Sorge um intellektuelle Wahrheit und der Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft nach der historischen Katastrophe.
Die Briefe zeigen zum ersten Mal die enge philosophische Nähe zwischen Adornos kritischer Theorie und Scholems Mystik- und Messianismusforschung. Ihr Briefwechsel berührt Fragen der Vernunft und des Mythos, des Fortschritts und des Rückschritts, der Häresie und der Autorität sowie der sozialen Dimension der Erlösung. Vor allem aber erhellt ihr Dialog die Macht einer kritischen, materialistischen Analyse der Geschichte, um einen sozialen Wandel herbeizuführen und eine Wiederholung der Katastrophen der Vergangenheit zu verhindern.