
Applicative Morphology
In diesem Buch geht es um wiederkehrende Funktionen der applikativen Morphologie, die in typologisch orientierten Definitionen nicht enthalten sind.
Auf der Grundlage umfangreicher sprachenübergreifender Belege stellt es die gängige Meinung über Applikative in mehrfacher Hinsicht in Frage. Erstens sind Applikative in vielen der untersuchten Sprachen das einzige Mittel, um eine semantische Rolle in einem Satz einzuführen, die nicht die eines Akteurs ist.
Wenn es eine alternative Ausdrucksmöglichkeit gibt, hat das applikative Gegenstück oft keine valenzsteigernde Wirkung auf die Zielwurzel. Zweitens kann die applicative Morphologie Konstituenten einführen, die keine syntaktischen Objekte sind und/oder mit Obliquen koexistieren. Drittens sind Funktionen wie die Übertragung aspektueller Nuancen auf das Prädikat (Intensität, Wiederholung, Gewohnheit) oder seine Argumente (partitives P, hochindividuiertes P), die Fokussierung von Konstituenten und die Funktion als Mittel zum Kategorienwechsel in geographisch weit entfernten und genetisch nicht verwandten Sprachen belegt.
Darüber hinaus zeigt dieser Band, dass die raumbezogene Morphologie dazu neigt, in unterschiedlichen Sprachen und Phyla applikative Funktionen zu entwickeln. Schließlich wird in mehreren Beiträgen die Diachronie von applikativen Konstruktionen und ihren (nicht-syntaktischen) bezeugten Funktionen erörtert, einschließlich eines Falles von im Entstehen begriffenen Applikativen.