
Textual Situations: Three Medieval Manuscripts and Their Readers
Generationen von Gelehrten haben sich mit den literarischen Mitteln und kulturellen Bedeutungen des Rolandsliedes beschäftigt. Andrew Taylor zufolge wurde jedoch dem physischen Kontext des Manuskripts selbst nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt.
Das Originalexemplar des Rolandsliedes ist nämlich mit einer lateinischen Übersetzung des Timaios gebunden. Textual Situations untersucht diesen gebundenen Band zusammen mit zwei anderen, ähnlich gebundenen mittelalterlichen Bänden, um die Manuskripte und Marginalien zu erforschen, die durch den Ruhm der benachbarten Texte, die zu den meistgelesenen mittelalterlichen Werken gehören, in den Schatten gestellt wurden. Zusätzlich zu dem gebundenen Band, der das Rolandslied enthält, untersucht Taylor den Band, der das bekannte Gedicht "Sumer is icumen in" mit den Lais von Marie de France verbindet, sowie einen Band mit den juristischen Dekreten Gregors IX, dessen Ränder mit marginalen Illustrationen des Wanderlebens geschmückt sind.
Textual Situations nähert sich dem Manuskript als Artefakt und legt nahe, dass mittelalterliche Texte im Hinblick auf ihren materiellen Träger untersucht werden müssen - das heißt, dass eine wortgetreue Interpretation das physische Manuskript selbst zusätzlich zu den sozialen Konventionen berücksichtigen muss, die seine Zusammenstellung umgeben. Taylor rekonstruiert die Umstände der Entstehung dieser mittelalterlichen gebundenen Bände, die Umgebungen, in denen sie gelesen, beschriftet und weitergegeben wurden, sowie die sie umgebenden sozialen und intellektuellen Konventionen.