Bewertung:

Bernard Steiglers „Dekadenz der industriellen Demokratien“ besticht durch seinen erfrischenden und zum Nachdenken anregenden Stil. Das Buch übt Kritik am Hyper-Industrialismus und ruft zur aktiven Selbstverwirklichung angesichts des Konsumdenkens auf, was auch bei Fans anderer philosophischer Größen gut ankommt. Jedes Kapitel steht für sich und bietet wertvolle Einsichten, die moderne Annahmen in Frage stellen.
Vorteile:Fesselnder und erfrischender Schreibstil, originelle und zum Nachdenken anregende Ideen, relevante Kritik an Hyperindustrialismus und Konsumismus, jedes Kapitel ist ein eigenständiger Essay, der bei Fans namhafter Philosophen Anklang findet.
Nachteile:Könnte für manche Leser aufgrund der komplexen Argumente überwältigend oder verwirrend sein; könnte für diejenigen, die mit dem philosophischen Diskurs nicht vertraut sind, als dicht empfunden werden.
(basierend auf 1 Leserbewertungen)
Decadence of Industrial Democracies
Übersetzt von DANIEL ROSS.
Bernard Stiegler ist einer der originellsten Philosophen, die heute über neue Technologien und ihre Auswirkungen auf das soziale, politische und persönliche Leben schreiben. Unter Rückgriff auf Quellen, die von Platon und Marx bis zu Freud, Heidegger und Derrida reichen, entwickelt er eine höchst originelle Darstellung der Technologie als Grammatologie, als Technik des Schreibens, die unsere Erfahrung von Zeit, Erinnerung und Begehren, ja sogar des Lebens selbst konstituiert. Die Gesellschaft und unser Platz in ihr werden durch technische Reproduktion geformt, die die Horizonte und Möglichkeiten des menschlichen Handelns und Erlebens sowohl erweitern als auch einschränken kann.
In den drei Bänden von Disbelief and Discredit vertritt Stiegler die These, dass dieser Prozess der technischen Reproduktion in gefährlicher Weise von seiner Rolle bei der Konstitution menschlicher Erfahrung abgekoppelt worden ist. Er stellt die optimistische Sichtweise der neuen Technologien als Ermöglicher von Lernen und Fortschritt radikal in Frage und argumentiert, dass neue Marketingtechniken das Denken kurzschließen und die Verbraucher entmündigen, indem sie sie auf kurzfristige Befriedigung programmieren. Diese Praktiken der "libidinösen Ökonomie" haben tiefgreifende Folgen für die Natur des menschlichen Begehrens und sind die Grundlage für das soziale und psychologische Unbehagen der heutigen Industriegesellschaft.
In diesem Eröffnungsband argumentiert Stiegler, dass das seit Beginn des 20. Jahrhunderts umgesetzte Industriemodell veraltet ist und die kapitalistischen Demokratien in eine Sackgasse geführt hat. Ein Zeichen dieser Sackgasse und der Dekadenz, in die sie führt, ist die Banalisierung der Verbraucher, die in einen ewigen Konsumzyklus verstrickt sind. Dies ist die neue Proletarisierung des technologisch durchdrungenen, hyperindustriellen Kapitalismus von heute. Er bringt eine Gesellschaft hervor, die von ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft abgeschnitten ist, die die menschliche Entwicklung lähmt und die Demokratie in eine Farce verwandelt, die unweigerlich zu Unglauben und Diskreditierung führt.