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The Sinthome: The Seminar of Jacques Lacan, Book XXIII
„Zehnmal steht ein älterer grauhaariger Mann auf der Bühne. Zehnmal schnaufend und seufzend. Zehnmal zeichnet er langsam merkwürdige, vielfarbige Arabesken, die sich mit den Mäandern seiner abwechselnd flüssigen und unruhigen Sprache verflechten und kräuseln. Ein ganzes Publikum schaut zu, wie gebannt von diesem rätselhaften Mann, saugt das Gesagte in sich auf und erwartet eine Erleuchtung, die aber auf sich warten lässt.
Non lucet. Es ist schattig hier, und die Théodores gehen auf die Jagd nach ihren Streichhölzern. Dennoch sagen sie: cuicumque in sua arte perito credendum est, wer in seiner Kunst bewandert ist, dem ist Glauben zu schenken. Ab wann ist ein Mensch verrückt? Der Meister selbst stellt die Frage.
Das waren noch Zeiten. Das waren die Mysterien von Paris vierzig Jahre später.
Wie Dante, der Virgils Hand ergriff, um durch die Kreise des Infernos geführt zu werden, nahm Lacan die Hand von James Joyce, dem unleserlichen Iren, und betrat im Gefolge dieses schlanken Kommandanten der Ungläubigen mit schwerem und stockendem Schritt die glühende Zone, in der symptomatische Frauen und rasende Männer brennen und sich winden.
Eine zweideutige Truppe befand sich im Publikum: sein Schwiegersohn, ein zerzauster Schriftsteller, jung und damals ebenso unleserlich, zwei Mathematiker, die miteinander sprachen, und ein Professor aus Lyon, der für die Ernsthaftigkeit der ganzen Angelegenheit bürgte. Hinter der Bühne wird eine diskrete Pasiphaë an die Arbeit geschickt.
Schmunzeln Sie also, meine lieben Freunde! Seid mein Gast. Macht euch über alles lustig! Dafür ist unsere komische Illusion da. Auf diese Weise werden Sie nichts von dem wissen, was sich vor Ihren Augen abspielt: die wohlüberlegteste, klarste und unerschrockenste Infragestellung der Kunst, die Freud erfunden hat, besser bekannt unter ihrem Pseudonym: Psychoanalyse.“
-Jacques-Alain Miller